Positionen markieren mit Fujaku Strip oder Punkten

Tsubo Positionen an der Shamisen mit Fujaku Strip
b
Wer mit Bunkafu Noten (Tabulaturnotation für Shamisen) spielt, steht vor der großen Herausforderung, den Zahlen auf dem Papier bestimmte Klänge und damit bestimmte Positionen am Hals der Shamisen zuzuordnen. Während ursprünglich vor allem nach Gehör gelernt wurde, hat heutzutage fast jeder Anfänger Punkte auf seinem Hals kleben, um sich leichter zurechtfinden zu können. Die Positionen kann man sich einzeln oder mit einem praktischen Fujaku Strip markieren.

Bundlose Freiheit

Ein Detail, das die äußere Eleganz und Schönheit der Shamisen unterstreicht, ist das Fehlen jeglicher Markierungen am Hals. Der Hals in eine lange, glatte Schönheit, nichts lenkt das Auge ab. Die grenzenlose Freiheit erlaubt einem einerseits, Vierteltöne und Mikrotöne zu spielen, andererseits macht sie es auch nötig, sorgfältiger zu sein, was die Platzierung der Finger angeht, um einen sauberen Ton anzuschlagen. Zum Spielen braucht man keine Markierungen – sonst hätte man sie ja eingebaut. Trotzdem spricht nichts dagegen, sich kleine optische Gedächtnishilfen zu gönnen, denn gerade am Anfang ist alles so neu und es gibt so vieles auf das man gleichzeitig achten möchte. Da ist es schön, wenn man das müde Hirn ein wenig entlasten kann.

Lernt man Lieder nach Bunkafu-Notation (die Tabularturnotation für Shamisen), ist die Markierung von Tonhöhen besonders sinnvoll und hilfreich, denn die Noten sind im Grunde „Malen nach Zahlen“ für Musik – also „Klingen nach Zahlen“. Jede Position entspricht einem bestimmten Ton. Die Positionen, die in der Bunkafu-Notation gebraucht werden, sind in Halbtonschritten voneinander entfernt. Wenn die 0 beispielsweise ein C ist, ist die 1 ein Cis, die 2 ein D usw. Warum es Kreuz und b gibt, hat etwas mit der Entwicklung des Repertoires und der Skalen zu tun, und sie sind eine neue Addition zu den vorher existierenden Positionen. Durch diese Ergänzung kommen wir auf 12 Halbtonschritte innerhalb einer Oktav, was dann wieder dem westlichen klassischen Tonvorrat entspricht.

Fujaku Strip als Positionsmarkierung

Sich Positionen am Hals für bestimmte Tonhöhen am Hals der Shamisen zu markieren ist heutzutage so weit verbreitet, dass es sogar eigens dafür fabrizierte Positionsmarker zum aufkleben gibt, den so genannten Fujaku Strip. Der klare, schmale Streifen ist selbstklebend und trägt Markierungen für alle Positionen von 1 bis 18. Die Handhabung ist sehr einfach, und es dauert nur wenige Sekunden, den Streifen anzubringen. Man benötigt nur einen einzigen Referenzton, und die übrigen Positionen ergeben sich entsprechend. Bestellen kann man einen solchen Strip direkt aus Berlin im Shami-Shop.

Fujaku Strip vor dem Anbringen

Aufgeklebter Fujaku Strip

Punkte als Positionsmarkierung

Obwohl der Fujaku Strip so praktisch ist, machen sich nach wie vor viele die (lohnende) Mühe, sich individuelle Positionen zu markieren.  Als Markierungen sind neben Aufklebern (ich empfehle kleine Punktsticker) kleine aufgemalte Lackpunkte sehr beliebt. Die nutzen sich zwar auch nach ausgiebigem Spielen nicht ab, sind dafür aber auch entsprechend schwer zu entfernen. Jede Position muss separat verortet und markiert werden, was natürlich mehr Mühe bedeutet, je mehr Punkte man sich klebt. Aber weniger ist manchmal mehr: Es genügt, die Punkte zu markieren, die man am häufigsten benutzt. Die Finger finden sich für die Positionen dazwischen erstaunlich schnell zurecht. Bislang habe ich keinen Hals gesehen, an dem alle spielbaren Punkte individuell markiert sind. Meist sind es bei Anfängern zwischen vier und neun Punkten (wenn man bis in die hohen Lagen klebt). Zum Vergleich: der Fujaku Strip hat 21 Markierungen.

Welche Positionen markieren?

Die zentrale Frage, die sich einem stellt, wenn man sich also Punkte kleben möchte ist: Welche Positionen soll ich mir markieren?
Wenn man sich alle Positionen markiert, ist man zwar für jeden Fall gewappnet, hat aber auch einen sehr vollen Hals und muss dementsprechend tatsächlich genau hingucken, um zu sehen, welche Markierung zu welcher Position gehört. Das wiederum lenkt am Ende womöglich mehr vom eigentlichen Spielen ab als dass es hilft. Wenn man spärlicher klebt, gibt man seiner Hand die Gelegenheit, zu lernen, wo die Punkte eigentlich sind. Hat man nur wenige Markierungen, ist es auch leichter, aus dem Augenwinkel anzuvisieren, wo man hin möchte.
Macht die Anzahl und Position der Markierungen davon abhängig, was für Musik ihr spielt und nehmt die Positionen, die am häufigsten vorkommen – und vor allem die, mit denen ihr auf dem Zeigefinger spielt. Sobald eine Note mit dem Ring- oder Mittelfinger gespielt wird, sollten sich die Finger über den Abstand vom Zeigefinger orientieren. Beispielsweise die 5 und die 7 lohnen sich kaum zu markieren, weil sie meistens mit dem Mittelfinger gespielt werden und man einfach mit dem Zeigefinger die 4 bzw. die 6 ansteuert und den Mittelfinger trainiert, den benachbarten Ton sauber zu erwischen. Das ist eine Sache der Gewöhnung, und wenn man auf die optische Hilfe verzichtet, kann sich das durchaus sehr positiv auswirken.
Es spricht aber rein gar nichts dagegen, großzügig zu kleben und lieber einen Punkt zu viel als einen zu wenig zu setzen, denn die Punkte lassen sich ganz leicht und schnell wieder ablösen. Und genauso lassen sich Punkte später ganz einfach nachkleben, wenn doch mehr Bedarf besteht als ursprünglich gedacht oder sich der Tonvorrat im Repertoire ändert. 

Vorbereitung zum Positionen Markieren

Wenn man Punkte kleben möchte, sind vor allem zwei Dinge zur Vorbreitung des Instruments wichtig: Erstens sollte man den Hals vorher gut abwischen, damit er möglichst staub- und fettfrei ist und die Kleber sich nicht gleich wieder abpellen. Zweitens sollte man dringend die Position des Komas auf der Haut festlegen. Entweder markiert man die Stelle auf der Haut mit einem Bleistift (einfach eine zarte Linie entlang der Flügelchen des Komas ziehen) oder merkt sich auf andere Weise, wo das Koma sitzen soll (lest hier den Artikel mit ausführlicher Erklärung zur korrekten Positionierung des Koma). Denn die Punkte sind nur dann akkurat, wenn das Koma an exakt der Stelle sitzt, an der ihr es platziert hattet, als ihr die Positionen bestimmt habt. Mit der Veränderung der Koma-Position verkürzt oder verlängert ihr nämlich die Mensur – das ist der frei schwingende Teil der Saite zwischen Kamigoma und Koma. Und die Mensur ist ausschlaggebend dafür, wo welcher Ton am Ende ist. Zum Kleben braucht ihr dann einen Bleistift zum Markieren und Aufkleber oder eine andere Form der Markierung zum Setzen der Punkte.

Positionen verorten: Mit dem Maßband

Wenn ich einen Fujaku Strip klebe, wähle ich immer die Position 10 als Referenzton, also die Oktav. Diese Position ist besonders einfach zu identifizieren – man kann hierfür sogar auf ein Stimmgerät gänzlich verzichten! Die Oktav liegt exakt auf der Mitte der schwingenden Saite (Mensur, siehe oben). Man kann die Oktav bzw. die Position 10 durch Ausmessen mit einem Maßband verorten. In dem begleitenden Video demonstriere ich das mit einer Shamisen, deren Mensur 80cm misst und die ihre Position 10 dann auf 40cm Länge hat. Ein weiterer Grund für die Wahl dieser Position ist, dass ich diese Position für besonders wichtig erachte und sicher gehen will, dass sie immer exakt sauber ist – denn unter Umständen ist der Fujaku Strip nicht für alle Positionen ganz präzise. Da der Streifen maschinell gefertigt ist, wird er den Unterschieden individueller Instrumente nicht gerecht, sondern wurde anhand einer bestimmten Norm bezüglich der Länge des Halses und der Mensur entwickelt. Gerade bei älteren Instrumenten schwanken die Abmessungen, und Hälse können länger oder kürzer sein als die Norm. Während man bei Tönen in den tieferen Etagen etwas mehr Spielraum hat, was die exakte Positionierung der Finger angeht, wird es immer knapper mit dem Freiraum, je höher die Position ist. Auf die Position 10 muss man in vielen Stücken springen, dort werden oft Akzente gesetzt. Deshalb  priorisiere ich diese Position.

Positionen verorten: Mit dem Stimmgerät

Für alle anderen Positionen kann man entweder nach Gehör kleben, oder aber ein Stimmgerät zur Hilfe nehmen, das einem ein optisches Feedback gibt. Clip-on Stimmgeräte und Stimm-Apps auf dem Smartphone (Android, iOS) sind preiswerte Helfer, die einem bei dem Prozess Sicherheit geben können. Die Geräte nehmen den Schall eures Instrumentes auf, wenn ihr die Saite zum klingen bringt und zeigen dann auf dem Display an, in welchem Frequenzbereich der Ton sich befindet, also welche Note man anspielt oder in der Nähe welcher Note man sich bewegt. So kann man also ganz bequem ablesen, ob man unterhalb oder oberhalb der angesteuerten Note liegt und wie exakt man die gewünschte Frequenz trifft.

Zu tief gestimmtes C

Sauber gestimmtes C

Zu tief gestimmtes C

Sauber gestimmtes C

Strategisch sinnvoll ist es, von tiefem Ton nach hohem Ton zu markieren. Stellt sicher, dass eure dicke Saite sauber auf C gestimmt ist und kontrolliert das zwischendurch auch immer mal wieder, denn die Positionen werden immer in Relation zur leeren Saite gesetzt. Tipps zum Stimmen könnt ihr hier nochmal nachlesen und anschauen.

Man kann das ganze im Sitzen in Spielposition machen, aber leichter ist es, gerade für frische Spieler, die Shamisen flach vor sich auf den Tisch zu legen – dann hat man das Stimmgerät gut im Blick und die Hände frei. Zupft also die dicke leere Saite an und kontrolliert, ob sie noch sauber gestimmt ist. Drückt dann die Saite beim nächsten Zupfen mit einem Finger (Zeigefinger oder Daumen sind am agilsten) möglichst nah am Kamigoma herunter und schiebt den Finger langsam mit sanftem Druck auf die Saite weiter Richtung Dou. Das Stimmgerät wird euch jetzt anzeigen, in welchem Tonbereich ihr euch befindet. Stoppt dann ungefähr auf dem Ton, wo ihr eure Markierung setzen wollt und wechselt zum Fingernagel, um die Position präzise zu lokalisieren. Die stelle könnt ihr dann entweder mit einem Bleistift markieren oder direkt einen Punkt kleben. Und von dem Punkt aus arbeitet ihr euch immer weiter in Richtung Dou, bis ihr alle Punkte markiert habt, die ihr braucht. Ich habe euch eine Übersicht über alle Positionen gemacht, die ihr am Ende des Artikels kostenlos herunterladen könnt.

Vom Groben zum Feinen: Nehmt für das finale Verorten der Position am besten den Fingernagel, um die Saite an einer Position abzudrücken, da die Fingerkuppe so breit und weich ist, dass es schwer zu sagen ist, wo genau man die Saite eigentlich drückt. Ich rate dazu, den groben Ton mit der Fingerkuppe anzusteuern und dann auf den Fingernagel umzusteigen.

Alte Klebereste entfernen

Hat man alte Punkte oder einen alten Fujaku Strip, die entfernt oder ersetzt werden sollen, bleiben oft schmierige Klebereste auf dem Holz zurück. Ihr könnt die gröbsten Reste mit dem Fingernagel oder einer weichen Plastikkante (wie von einem Lineal etwa) abschaben. Die letzten Überbleibsel lassen sich am besten mit einem Tropfen Öl und einem weichen Tuch entfernen. Gebt einfach ein bisschen neutrales Öl auf das Tuch und reibt über die Klebereste. Mit einer trockenen Ecke des Tuches kann man dann etwas kräftiger rubbeln, wenn der Schmier Widerstand bietet. Das gleiche gilt für alle Klebereste oder Schmutz auf der Shamisen. Öl ist euer bester Freund. Denkt daran, dass das Holz gepflegt werden möchte und euch mit extra schönem Glanz für die gute Behandlung belohnt.

Mut zur Lücke

Je mehr man spielt, desto besser wissen die Hände und die Ohren, wo man hin will und wie man dort hin kommt. Markierungen am Hals laden dazu ein, sich auf seine Augen zu verlassen und es kostet so manchen viel Überwindung, sich von der Bequemlichkeit zu lösen. Was aber passiert ist nicht etwa ein Haufen schiefer Töne, sondern Freiraum, sich mehr auf das Gefühl im Bachi einzulassen, mehr Raum, um der Musik zuzuhören, die man spielt, mehr Raum, seine Musik aktiv zu formen. Deshalb: Mut zur Lücke! Schaut nicht immer auf die Punkte und Markierungen, nur weil sie da sind. Vertraut darauf, dass eure Hände sich an die Abstände und Bewegungen gewöhnt haben. Wer blind auf der Computer-Tastatur tippen kann, kennt die Vorteile: Mehr Raum für’s wesentliche. Hingucken kann man immer noch, wenn man mal auf eine ungewöhnliche Position muss. Aber durch Ausprobieren und Wiederholen könnt ihr nach und nach alle Positionen auch ohne Hingucken finden. Vor allem, weil es ja immer Positionen im Kontext sind. Es geht nicht darum, sich hinzusetzen und aus dem Nichts Position 18 sauber greifen zu können. Das ist zwar ein beeindruckender Skill, aber vollkommen überkandidelt. Ihr wollt im Stück, in einer Melodie die Töne ansteuern können. Und da geht es dann immer nur darum, wie man von A nach B springt und seine Finger arrangiert. Also, klebt euch fleißig Punkte, lernt und spielt viele schöne Lieder, und scheut euch nicht davor, Punkte wieder abzukratzen, wenn ihr merkt, dass ihr sie benutzt. Damit könnt ihr euch selbst beweisen, dass ihr vorankommt, auch wenn es sich für einen selbst nie so anfühlt – so einen kleinen Ego-Boost braucht doch jeder mal. Also: Schritt für Schritt mit Geduld und Neugier, so wird’s gemacht!

Hier das Video zum Artikel ansehen:

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