Sawari – das faszinierende Surren

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Das Sawari ist das charakteristische Surren der Shamisen, das die Musik dieses Instruments besonders faszinierend macht. Es gibt zwei verschiedene Mechanismen, die das hervorrufen, die zuerst sehr unterschiedlich aussehen, aber beide auf dem gleichen Prinzip beruhen. Was also steckt hinter dem geheimnisvollen Surren und Schnurren?
Ein besonders charakteristisches klangliches Merkmal der Shamisen ist das Surren, das hin und wieder beim Spielen auftaucht. Dieser Klang wird normalerweise mit der Sitar assoziiert und sorgt im ersten Moment oft für Erstaunen.
Dieses Surren heißt Sawari und zeigt die Einflüsse der Biwa auf die Entwicklung der Shamisen. Für den Klang der Biwa nämlich ist gerade dieses Surren besonders charakteristisch.

Wann man das Sawari hört

Das Sawari ist auf der dicken Saite Ichi no Ito zu hören und  kommt dadurch zustande, dass die leere dicke Saite gegen einen Widerstand schlägt. Es gibt zwei Mechanismen, das herbeizuführen, und zwar 1. eine Aussparung am Kamigoma und 2. einen Mechanismus namens Azuma Sawari. Bei der ersten Variante schlägt die Saite gegen den Sao bzw. das Griffbrett, bei der zweiten Variante schlägt sie gegen einen kleinen Holzklotz, der eigens dafür installiert wird uns sich in der Höhe verstellen lässt.
Das Sawari tritt auf, wenn man die dicke leere Saite anschlägt, aber auch wenn die dicke leere Saite kräftig mitschwingt, weil starke Harmonietöne auf anderen Saiten gespielt werden. Je nach Qualität des Instruments kann das Instrument mehr oder weniger Sawari auf Harmonietönen produzieren. Die erstklassigen Instrumente der höchsten Preisklasse fallen dadurch auf, dass das Sawari besonders leicht und auch durch weiter entfernte Harmonietöne provoziert wird.

Wie das Surren entsteht

Schlägt man eine Saite an, bringt man sie in Schwingung. Während die ruhende Saite gerade und still liegt, schlägt die schwingende Saite aus. Obwohl das in einer hohen Frequenz geschieht, kann man mit bloßem Auge sehen, wie die Saite hin und her „wackelt“. Bringt man nun einen Widerstand in die richtige Entfernung, schlägt die oszillierende Saite dagegen, was aufgrund der hohen Frequenz der Schwingung zum berühmten Surren führt. Wichtig ist dabei, dass sich der Widerstand im richtigen Abstand zur Saite befindet, damit er die Saite nicht zu früh, also bevor sie ihre volle Schwungkraft entfaltet, abbremst.

Die zwei Sawari-Mechanismen

sawari vergleich | shamisen-zentrale.de

Links: der einfache Mechanismus | Rechts: Azuma Sawari

Das einfache Sawari

Beim einfachen Sawari liegt die dicke Saite durch eine Aussparung am Kamigoma tiefer als die anderen Saiten, die oben auf dem Kamigoma liegen. Die Saite wird absichtlich so tief gelegt, dass sie beim Schwingen ganz nah am Tenjin gegen den Sao schlägt. Wie man unten auf dem Bild sieht, liegt die Saite in Richtung Tenjin (hier links) weitaus niedriger als in Richtung Dou (hier rechts), wo die Saiten auf dem Koma ruhen. Die Saite kann also durch die zusätzliche Tieferlegung gegen das Holz schwingen. Das resultiert im hörbaren Surren. Der eben beschriebene Idealabstand des Widerstands zur Saite ist der Grund, weshalb das einfache Sawari nur in einem begrenzten Tonraum funktioniert. Ändert man die Stimmung der Saite, ändert sich auch das Ausmaß der Schwingung und damit der relative Idealabstand des Widerstands zur Saite, um das Surren hervorzurufen. Stimmt man also die Saite sehr hoch oder sehr tief, wird das Surren erst immer spärlicher und fällt ab einer bestimmten Tonhöhe gänzlich weg.
sao und saiten shamisen shamisen-zentrale.de

Hier sieht man ganz deutlich: Die Saiten liegen am Kopf (links) niedriger als am Korpus (rechts).

Das Azuma Sawari

Als Azuma Sawari bezeichnet man einen verstellbaren Mechanismus, der unter der dicken Saite im Sao installiert wird. Mit einer Schraubmechanik lässt sich ein kleiner Holzklotz unter der Saite auf und ab bewegen. Die Saite liegt am Kamigoma auch ein bisschen tiefer als die anderen Saiten, aber nicht so tief, dass sie gegen den Sao schlägt. Das Surren lässt sich so mit dem Azuma Sawari komplett abstellen, indem man den den Klotz weit genug herunterfährt. Die Höhenverstellbarkeit des Widerstands ermöglicht das Justieren der Intensität des Sawari ganz nach Geschmack des Spielers und die Anpassung an alle Stimmungen und Tonlagen. Als Gesangsbegleitung muss sich der Shamisen-Spieler in seiner Stimmung der Tonlage des Sängers anpassen. Mit Hilfe des Azuma Sawari kann man auch in besonders hoher oder besonders tiefer Stimmung ein perfektes Sawari genießen.
sawari deaktiviert | shamisen-zentrale.de

Eingefahrenes Klötzchen lässt das Surren verstummen.

sawari aktiviert | shamisen-zentrale.de

Ausgefahrenes Klötzchen für ein volles Sawari.

Das Sawari lieben lernen

Gerade Anfänger sind häufig zuerst irritiert, wenn die Shamisen anfängt, beim Spielen fröhlich zu surren. Viel zu oft wird das als Störton abgetan und versucht zu unterdrücken. Obwohl natürlich jedem freigestellt ist, ob er den Klang angenehm empfindet oder nicht, halte ich es doch vor allem für eine Sache der Hörgewohnheit, wie das Sawari empfunden wird. Ich möchte deshalb alle, die sich nicht zum Surren und Schnurren der Shamisen hingezogen fühlen, dazu anhalten, Raum zu geben für dieses wirklich faszinierende klangliche Phänomen. Das Surren macht den Ton voller und lebendiger und bereichert den Klang um eine interessante Dimension. Ich selbst kriege immer Gänsehaut, wenn ich das elektrifizierende Surren höre und verweile beim Improvisieren gerne lange auf solchen Tönen, die ein lebendiges Sawari haben. Es fühlt sich für mich an, als würde das Instrument aufwachen, mir antworten. Ich hoffe inständig, dass möglichst viele Spieler diese Momente nachempfinden und genießen können und hoffe, dass ich mit diesem Artikel dem Einen oder Anderen das Tor zur Fangemeinschaft des Sawari geöffnet habe.

Hier das Video zum Artikel ansehen:

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