Das Koma – mehr als nur Accessoire

Klein aber Oho

Das Koma sieht auf den ersten Blick recht unscheinbar aus. So klein und fragil es aber ist, lässt sich nicht nur ohne ein Koma gar nicht spielen, sondern die Eigenschaften und Platzierung des Koma wirken sich erheblich auf den Klang des Instruments aus. Ein nicht zu unterschätzender Teil des Instruments also, der die allgemeine Kategorisierung als „Accessoire“ gar nicht verdient.

Womit wir es zu tun haben

Das Koma ist die kleine mobile Brücke, die auf der Haut des Dou liegt und die Saiten auf ihrem Rücken hochstemmt und das Schwingen und Klingen ermöglicht. Das gleiche Prinzip finden wir bei vielen anderen Saiteninstrumenten wie etwa der Geige oder der Gitarre. Was die meisten Leute verblüfft, ist, dass man den Steg, das koma, bei der Shamisen nach dem Spielen immer raus nimmt, bzw. erst einsetzt, kurz bevor man anfängt zu spielen.  Wenn man sich aber genauer anguckt, wie eine Shamisen gebaut ist und was für Kräfte auf das Koma wirken, wird schnell klar, warum man sich diese kleine Mühe machen sollte, wenn man sein Instrument liebt.

Holz, Plastik und mehr

Die meisten Koma sind aus Kunststoff, Bambus oder Kōki hergestellt. Kōki ist das satte dunkle Hartholz, aus dem die Hälse der besonders hochpreisigen Shamisen gefertigt sind. Da auf der Oberkante des Koma, über das die Saiten geführt werden, enormer Druck ausgeübt wird und hier die Materialbelastung am höchsten ist, wird gerne eine Knochenkante in diesen Teil eingearbeitet, oder aber der gesamte obere Teil wird aus Knochen gearbeitet. Es gibt auch Varianten mit Schildpatt (Schildkrötenpanzer) und Elfenbein, aber die sind hierzulande verboten. Schildpatt ist deshalb in Japan so oft auf Koma zu finden, weil es durch seine weiche, flexible Konsistenz hilft, einen besonders warmen Klang aus der Shamisen hervorzulocken. Elfenbein ist das Gegenteil dazu mit seiner extrem harten Struktur und führt zu einem klareren Klang. Knochen ist aber auch hart genug, um diesen Effekt zu erzielen. Mal abgesehen davon, dass es ethisch weniger bedenklich ist und noch dazu preisgünstiger.

Plastik

Bambus

Kōki 

komplett aus Bambus

Bambus mit eingelassenem Knochen

Bambus mit Knochen 

Gut zu wissen: Besondere Vorsicht solltet ihr bei Plastik-Koma walten lassen, weil die Ecken am oberen Kamm äußerst leicht abbrechen. Gerade als Anfänger haut man doch irgendwann mal versehentlich gegen diese Kante. Bei einem Plastik-Koma ist man selbige dann ganz schnell los. Wenn es doch passiert, muss man das Koma oft nicht gleich ersetzen, weil oft noch genügend Raum bleibt, um die Saiten – gegebenenfalls mit neuen Kerben – unterzubringen.

Die feinen Unterschiede

Die Materialeigenschaften und Form des Koma haben einen signifikanten Einfluss auf den Klang des Instruments. Die Unterschiede sind mal subtiler, mal markanter zu hören. Um am Ende ein Koma finden zu können, das den eigenen Klangvorstellungen und dem persönlichen Geschmack am besten entspricht, ist es also hilfreich, zu verstehen, wie Material und Größe des Komas sich auf den Ton auswirken. Je nachdem, ob das Material weich oder hart ist und je nachdem wie viel Masse am Ende auf der Haut aufliegt, wird  das Vibrieren der Haut unterschiedlich stark abgedämpft.
Dass die Platzierung eines Objekts auf der schwingenden Haut (also der Haut, die über dem Hohlraum des Dou gespannt ist) einen deutlich hörbaren Effekt hat, kann man ganz einfach demonstrieren, indem man die Saiten mit dem Bachi anschlägt und dann beim nächsten Schlag mal mit der freien linken Hand einmal  auf die Haut fasst. Einen Finger, mehrere Finger, sachte oder mit Druck. Ihr werdet den Unterschied gleich hören.

Material und Größe

Genau so funktioniert dann auch die feine Manipulation des Klangs mit dem Koma:
Je härter das Material, desto klarer, härter und heller der Klang. Je schmaler das Koma, also je weniger Material auf der Haut aufliegt, desto klarer und härter der Klang. Beides hängt mit der Absorption der Schwingungen zusammen. Je weicher der Ton also sein soll, desto breiter sollte das Koma sein. Ein Koma, das komplett aus Holz gearbeitet ist, klingt etwas wärmer als ein Koma mit einer Knochen-Kante. Die Unterschiede dienen also nicht der Dekoration. Auch wenn man geneigt ist, sich aufgrund der Form/Farbe zu einem bestimmten Koma zu greifen, und dem nichts entgegen spricht,  sollte man sich einfach darüber im Klaren sein, dass das Aussehen schön für’s Auge, aber nicht unbedingt schön für den Klang ist.

Das obere Koma fördert einen hellen, kräftigen Klang
Das untere Koma fördert einen dunklen, warmen Klang

Lieber flach oder hoch?

Als würde die Qual der Wahl nicht bereits schlimm genug sein mit den verschiedenen Breiten, Materialien und Designs, ist noch ein Faktor zu beachten: Die Höhe des Koma. Meiner Erfahrung nach findet man aber sehr schnell raus, was für eine Höhe einem liegt. Denn dieser Faktor beeinflusst weniger die Klangfarbe, sondern  macht den größten Unterschied für das Spielgefühl. Grundsätzlich fühlt sich das Spielen mit einem flachen Koma etwas leichter an, weil die Distanz zwischen Saite und Haut geringer ist. Die Kehrseite kann ein Gefühl des Kontrollverlusts sein, weil die Saiten fast schon zu gut ansprechen.
Was die Auswahl außerdem einschränkt, ist die natürliche Saitenlage des eigenen Instruments. Bei einigen Instrumenten ist die Saitenlage besonders flach, bei anderen besonders hoch. Mit dem Koma möchte man dann meist eher dagegen arbeiten und den Trend nicht noch unterstützen. Wenn man eine flache Saitenlage mit einem flachen Koma kombiniert, kann das eine eventuelle Neigung zu Störtönen unterstützen. Eine hohe Saitenlage mit einem hohen Koma zu paaren, kann in einem etwas angestrengteren Spielgefühl resultieren. Aber diese Eindrücke sind von der Erfahrung, Kraft und der Spieltechnik des Spielers abhängig. Also immer vorurteilsfrei rumprobieren, wenn man die Möglichkeit hat, verschiedene Koma auszuprobieren. 

Probieren geht über Studieren

Das Prinzip ist bei allen Koma gleich, aber je nachdem, wie das Instrument generell klingt (warm/kalt/hell/dunkel) ist das Endresultat unterschiedlich. Das heißt, dasselbe Koma wird auf unterschiedlichen Instrumenten unterschiedliche Klangfarben verursachen. Ein hart klingendes Instrument klingt vielleicht zu kalt, wenn man ein hartes, schmales Koma verwendet. Ein weich klingendes Instrument kann in Richtung Dumpfheit abdriften, wenn man sich für ein besonders breites, weiches Koma entscheidet. Beim Mix&Match also genau hinhören und auch hinfühlen, wenn es um die Höhe des Koma geht.
Wenn ihr die Möglichkeit habt, verschiedene Koma auszuprobieren, dann lasst euch die Gelegenheit nicht entgehen. Manchmal ist der klangliche Unterschied zwischen zwei Koma so subtil, dass man keinen Unterschied wahrnimmt. Aber irgendwann wird es euch treffen wie ein Schlag und ihr erkennt euer Instrument kaum wieder, weil ihr ein anderes Koma eingesetzt habt (und das gilt in beide Richtungen. Mit dem „falschen“ Koma klingt es plötzlich tot und mit dem perfekten Koma blüht der Ton auf und wird golden und voll.
Es führt nichts ums Ausprobieren herum, aber es ist spannend und aufregend und fantastisch!
Also: Gepaart mit dem jeweiligen Instrument kann ein Koma ganz unterschiedliche Resultate liefern. Probiert fleißig aus, seid neugierig und spürt nach, wie bestimmte Techniken und Tonhöhen klingen, was das Koma mit dem Ton macht, wie sich die Saiten anfühlen, wenn ihr spielt. Eine Auswahl an verschiedenen Koma gibt’s auch im Shami-Shop – inklusive Beschreibungen zu Klangeigenschaften.

Die perfekte Position

In welchem Abstand das Koma zum Rand des Dou positioniert wird, hat Auswirkungen auf die Klangfülle des Instruments. An der perfekten Stelle positioniert klingt das Instrument maximal rund, resonant und schön. Leider gibt es keine rechnerische Formel, um die perfekte Position für das Koma zu bestimmen. Man muss sich hier auf seine Ohren – oder wer seinen Ohren noch partout misstraut – auf sein Bauchgefühl verlassen. Wenn man das Koma einsetzt und dann die Position etwas verändert, sollte sich der Ton auch etwas verändern. Er wird flacher oder runder. Aber man muss nicht die perfekte Stelle erwischen, um das Spielen in vollen Zügen genießen zu können. Der Sweet Spot wird irgendwo zwischen zwei und drei Finger breit liegen. Natürlich sind nicht alle Finger gleich breit, und bei einem besonders kleinen Korpus wird man eher bei zwei Fingern breit landen. Aber das ist ein guter Ansatzpunkt, der einen schon sehr weit bringt.
Wenn ihr eine Position gefunden habt, die euch zusagt, könnt ihr mit einem Bleistift eine Markierung auf der Haut machen, indem ihr einfach um eine oder zwei Ecken des Koma mit dem Stift entlang zieht. Das schadet der Haut nicht und macht den ganzen Prozess effizienter. Außerdem ist die Festlegung einer bestimmten Position für das Koma hilfreich, wenn man sich Punkte oder einen Fujaku Strip klebt, um die Positionen am Hals der Shamisen zu markieren. Denn Mit dem Verschieben des Koma verlängert oder verkürzt man den Teil der Saite, der frei schwingt (Mensur) und damit die exakte Lage für die entsprechenden Positionen.

Faustregel: Drei Finger breit vom Knoten entfernt

Damit variiert der Abstand aber je nach Tagesform

Koma Einsetzen und Herausnehmen

Ziel beim Einsetzen und Herausnehmen des Komas ist es, das Koma mit möglichst wenig Kontakt zur Haut zwei bis drei Finger weit entfernt vom Neo unter den Saiten zu platzieren.
Um das zu erreichen, ist es am einfachsten, die Saiten mit einem oder zwei Fingern der einen Hand anzuheben und dann das Koma vorsichtig die Saiten entlang Richtung Neo zu ziehen. Das geht am einfachsten, indem man den oder die Finger in die Lücke zwischen Dou und Hals unter den Saiten steckt und dann gerade hochzieht. Das kreiert genug Raum, um das Koma sanft ungefähr dorthin zu maneuvrieren, wo es am Ende sein soll. Nachdem man die Saiten wieder herabgesenkt hat, kann man dann das Koma in seine Endposition rücken.
Das Herausnehmen funktioniert auf die gleiche Weise. Die Saiten anheben, damit das Koma leichter bewegt werden kann und dann mit möglichst wenig Druck auf die Haut in Richtung Sao ziehen, zur Seite weg raus nehmen und die Saiten wieder absenken.
Die Saiten müsst ihr übrigens nicht lockern/entspannen. Sofern ihr nicht vorhabt, sehr lange (Wochen, Monate) nicht zu üben, könnt ihr die Saiten einfach so lassen, wie sie sind. Das erspart euch dann viel Zeit beim Stimmen 🙂

Koma einsetzen Schritt für Schritt

1. Riefen auf der Oberseite identifizieren.

2. Finger in die Lücke zwischen Hals und Korpus stecken.

3. Saiten gerade nach oben ziehen.

4. Mit der anderen Hand das Koma unter die Saiten schieben.

4. Mittig platzieren.

5. Koma fest zwischen Zeigefinger und Daumen nehmen. 

5. Mit möglichst wenig Kontakt zur Haut Richtung Neo ziehen.

6. Saiten absenken und in die Riefen gleiten lassen.

7. Ggf. Position korrigieren durch sanftes Ziehen/Schieben.

Koma entfernen Schritt für Schritt

1. Finger in die Lücke zwischen Hals und Korpus stecken.

2. Saiten gerade nach oben ziehen.

3. Koma fest zwischen Zeigefinger und Daumen nehmen.

4. Mit möglichst wenig Kontakt zur Haut Richtung Hals ziehen.

5. Koma seitlich herausziehen.

6. Saiten absenken, Koma wegpacken.

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